Interview Cornelia Palivan

Im Rahmen unseres Ethiktalks « Basar Molekular » sprachen wir unlängst mit Prof. Cornelia Palivan (CP) über Ihre Arbeit in unserem NCCR. Auszüge aus diesem Gespräch, insbesondere mit Blick auf das Thema « Equal Opportunity », veröffentlichen wir hier.

Ralf Stutzki (RS): Wenn man in den naturwissenschaftlichen Fakultäten an der Universität herumschaut, gerade auch in unserem NCCR, fällt schnell auf: da gibt es sehr wenig Frauen, vor allem wenig Professorinnen. Woran liegt das?

Cornelia Palivan (CP): Das ist eine gute Frage welche nicht einfach zu beantworten ist. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. In den Bereichen Chemie oder Physik arbeiten wir mit experimentellen Untersuchungen. Das bedeutet zum Beispiel, dass man am Feierabend nicht einfach immer sein Kind zur fix vereinbarten Zeit in der Kinderkrippe abholen kann. Es braucht eine gute „work-live balance“. Diese Flexibilität, die die wissenschaftliche Forschung von jungen Paaren und Familien, nicht allein nur Frauen abverlangt, ist unglaublich herausfordernd. Wenn nun in einem Forschungsprojekt der Chemie eine Reaktion erfolgt, dann sollten die Wissenschaftler im besten Falle anwesend sein. Normalerweise funktioniert das ja auch. Aber die wissenschaftlichen Abläufe in der Natur können sehr kompliziert sein. Von den Mitarbeitenden wird unglaublich viel Planung gefordert. Und das kann, gerade für junge Leute sehr anstrengend sein.

RS: Sie sind verheiratet und haben Kinder. Ihr Mann ist auch berufstätig. Wie haben Sie das hinbekommen?

CP: Mit Hilfe meiner Familie. Ohne meine Familie hätte ich das nicht geschafft.

RS: Ihr Sohn hat mal zu Ihnen gesagt: „Mama ich bin wie so ein Paket. Dauernd bringst du mich irgendwo hin und holst mich irgendwo ab...“

CP: Ja, wir waren laufend am Organisieren, und ich bin mir absolut sicher, dass ich nicht das einzige Beispiel bin. Ich kenne andere junge Frauen, Doktorandinnen oder Postdocs, auch sie sind ständig am organisieren. Und es sind nicht nur die Frauen. Meine männlichen Kollegen haben auch Kinder. Wenn deren Partnerin oder Frau auch arbeitet, dann müssen auch sie sich mit ihren Familien organisieren. Diese Tatsachen sind, so glaube ich, allen bekannt.

RS: Was kann man tun damit mehr junge Eltern in die Spitzenforschung einsteigen und auch Professuren übernehmen?

CP: Ich glaube eine Möglichkeit wäre es, die Verantwortung nicht einfach den Familien zu überlassen. Junge Familien brauchen mehr Hilfe. Das heisst für mich z.B. das Bereitstellen von mehr Kinderkrippen mit zeitlich flexibleren Öffnungszeiten. Davon haben wir nicht genug. In Frankreich beispielsweise können Kinder ab acht oder sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends abgegeben werden. Normalerweise benötigt man das ja nicht jeden Tag. Man sollte aber immerhin die Möglichkeit haben dieses Modell bei Bedarf anzuwenden. Krippenplätze mit solchen Öffnungszeiten haben wir in der Schweiz noch nicht oder zumindest nicht genug.

RS: Sie haben mir einmal gesagt dass bei Frauen, die sich in ihrem Fachbereich bewerben, die sogenannte Publikationsquote häufig niedriger liegt als bei männlichen Bewerbern.

CP: Ja wissen Sie, ich glaube das ist ein wichtiger Punkt. Wenn eine Frau allein ist oder keine Kinder hat, dann kann sie genau so viel publizieren wie ein Mann. Aber mit einer Familie oder Kindern gibt es Probleme. Wenn ein Kind z.B. erkrankt dann wirft das viele Planungen durcheinander. Hier sind verschiedene kreative Lösungsansätze gefragt. Es ist klar, dass  das auch den Arbeitsrythmus bei der Erstellung von Publikationen beeinflusst. Sicher ist, dass es mit einer Familie die einen unterstützt, einfacher ist.

RS: Sie sind auch für den Fachbereich Chemie für den Bereich „Equal Opportunity“ zuständig. Was konkret sind da Ihre Aufgaben?

CP: Ja, im Departement Chemie bin ich für die Frauenförderung verantwortlich.  In der sogenannten Berufungskommission z.B. versuchen wir für jede ausgeschriebene Professorenstelle gut qualifizierte Frauen zu finden. Wir unterstützen interessierte Frauen aber das ist nicht einfach. Auf eine offene Professorenstelle  erhalten wir normalerweise 100 Bewerbungen von männliche Kandidaten und 10, maximal 15 von Frauen. Es ist auch wichtig zu verstehen, dass wir den oder die beste Kandidat(IN) möchten. Das Hauptargument sollte nicht das Geschlecht der Kandidaten sein, sondern deren Fähigkeiten und Kompetenzen. Natürlich unterstützen ich und meine Kollegen Frauen, das heisst, dass wir normalerweise jedes Mal eine oder zwei Kandidatinnen zum  Gespräch einladen. Die Universität Basel und unser Department unterstützen Doktorandinnen und Postdocs wenn diese eine Karriere im Bereich Chemie anstreben. 

RS: Wenn Sie sagen, dass man die besten Leute in einem Fachbereich haben möchte, dann hör ich da raus, dass Sie gegen eine Quote sind.

CP: Als Frau möchte ich nicht Professorin werden, nur weil ich eine Frau bin. Nein, ich glaube nicht, dass die Einführung einer Frauenquote helfen würde. In der Schweiz würde das nicht  funktionieren. In Amerika nennt man das eine sogenannt positive Diskriminierung.  

RS: Die berufliche Gleichstellung zwischen Männern und Frauen – wie lange braucht es, bis wir sie erreichen?

CP: Ich kann Ihnen keine Zeitskala nennen. Was ich Ihnen sagen kann ist, dass die Universität Basel, unsere Rektorin, das Rektorat, unser Departement und die Fakultät sich der Bedeutung dieses Themas bewusst sind und wir uns darum kümmern. Wir suchen laufend nach Lösungen, das kann ich Ihnen sagen. Aber wie lange es insgesamt dauern wird, diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten.

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